16/09/2022 |

Hinweisgeber­system nach EU Whistleblowing Richtlinie – Ein Leitfaden

Für Unternehmen, Behörden und Organisationen ab 50 Mitarbeitern ist es ab 2023 verpflichtend, ein Hinweisgebersystem für den Schutz von Whistleblowern zu schaffen. Erfahren Sie, was es zu beachten gilt und wie OTRS Sie dabei unterstützt.

Whistleblowing

Worum geht es bei der EU-Whistleblowing-Richtlinie?

Ziel der EU-Whistleblowing-Richtlinie ist es, denjenigen, die Verstöße gegen europäisches Recht melden und somit dabei helfen wollen, diese aufzudecken, mehr Schutz zu bieten.

Die Europäische Union hat ihre Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet, bis 17. Dezember 2021 die neue Whistleblower-Schutzrichtlinie in nationales Recht umzusetzen. Die Richtlinie stellt somit die größte Veränderung der Compliance-Anforderungen für Unternehmen, Behörden und Organisationen seit Jahren dar.

Galt die Richtlinie bisher nur für Organisationen mit mehr als 250 Mitarbeitern, verschärfen sich die Bestimmungen ab 2023 erheblich. Die Richtlinie muss dann schon ab einer Organisationsgröße von 50 Mitarbeitern umgesetzt werden.

Mitarbeiter, die Verstöße melden, müssen nun über Meldemöglichkeiten verfügen, geschützt werden und dürfen keine negativen Konsequenzen für sich befürchten.

Whistleblower, die Verstöße gegen das EU-Recht melden, sind vor Entlassung, Suspendierung, Degradierung und anderen Formen der Diskriminierung geschützt. Dieser Schutz erstreckt sich auf Mitarbeiter, ehemalige Mitarbeiter und Dritte, wie Dienstleister, Aktionäre oder Lieferanten.

Wann wird die Richtlinie in nationales Recht umgewandelt?

Das Bundeskabinett hat am 27.7.2022 einen Regierungsentwurf beschlossen und damit das Gesetzgebungsverfahren eingeleitet. Die Nichteinhaltung kann unter anderem zu rechtlichen Konsequenzen, finanziellen Strafen und ernsthafter Schädigung der Unternehmensreputation führen.

Warum ist Whistleblowing wichtig?

Wenn die Mitarbeiter keine Bedenken äußern, ist das keine gute Nachricht.

Nur weil keine Meldungen gemacht werden, heißt das nicht, dass es kein Fehlverhalten am Arbeitsplatz gibt. Tatsächlich glauben 85 % der Europäer, dass Arbeitnehmer ihre Bedenken selten oder nie melden. Es ist weitaus vorteilhafter, die Mitarbeiter zu ermutigen, ihre Bedenken zu äußern, damit sie früher erkannt und gelöst werden können, denn andernfalls können Situationen, die unkontrolliert bleiben, schnell zu einer Krise eskalieren.

Whistleblowing hilft Missstände aufzudecken.

Dass der Begriff Whistleblowing meist als negativ wahrgenommen wird, muss sich ändern. Hier ist insbesondere das Management gefragt, eine entsprechend positive Wahrnehmung im Unternehmen zu schaffen und so eine Unternehmenskultur zu etablieren, in der es ausdrücklich gewünscht ist, über Missstände zu reden und diese auch zu melden. Sicherlich ist die Qualität der Meldungen wichtiger als die Quantität, aber es ist ein Irrglaube, dass der Erhalt von Whistleblowing-Meldungen ein Zeichen für eine ungesunde Unternehmenskultur und eine schlechte Unternehmensleistung ist. Tatsächlich ist es so, dass Unternehmen, die eine hohe Anzahl von Whistleblowing-Meldungen erhalten, 46 % seltener mit negativen Medienberichten konfrontiert werden.

Ein wirksames Whistleblowing-Verfahren nutzt dem Compliance-Programm.

Unternehmen, die ein erfolgreiches Whistleblowing-Verfahren einführen, können zusätzliche Einblicke in die Mentalität ihrer Mitarbeiter gewinnen. Organisationen, die Whistleblowing als wichtige Informationsquelle anerkennen, stellen fest, dass Manager über bessere Informationen verfügen, um Entscheidungen zu treffen und Risiken zu kontrollieren. Daher sollte die Geschäftsleitung die Unternehmenskultur stärken, indem sie das Hinweisgebersystem mit dem breiteren Governance, Risk und Compliance Framework des Unternehmens verbindet.

Es ist weitaus vorteilhafter, die Mitarbeiter zu ermutigen, ihre Bedenken zu äußern, damit diese frühzeitig erkannt und gelöst werden können, denn andernfalls können sich Situationen, die unkontrolliert bleiben, schnell zu einer Krise auswachsen.
Andreas Bender

Was macht ein Hinweisgebersystem erfolgreich?

Whistleblowing ist ein Verfahren, bei dem ein Hinweisgeber (der Whistleblower) einer befugten Person ein bestimmtes Fehlverhalten, eine Verfehlung oder eine illegale Handlung meldet. Der erste Schritt zu einem erfolgreichen ISO 37002 Whistleblowing Management System (Hinweisgebersystem) ist die entsprechende Umsetzung von GRC (Governance, Risk und Compliance) im Unternehmen. Nur wenn Mitarbeiter eine positive Einstellung und auch das notwendige Maß an Loyalität zum Unternehmen haben, kann ein Hinweisgebersystem erfolgreich sein. Hier sind Maßnahmen erforderlich, die die Identifikation der Mitarbeiter mit den Zielen und Werten des Unternehmens fördern.

Zustimmung zum Hinweisgebersystem

Ein wichtiges Instrument ist es, dies schriftlich festzuhalten. Ein Verhaltenskodex (Code of Conduct) ist besonders geeignet, um über Ziele und Werte zu informieren. Diese Dokumente können auch um eine Whistleblowing-Richtlinie erweitert werden. So wissen die Mitarbeiter, welche Verhaltensweisen Whistleblowing darstellen und gemeldet werden sollten, welche Ansprechpartner und Meldewege zur Verfügung stehen und wie weitere Untersuchungen ablaufen können. Diese Informationen schaffen Transparenz und Vertrauen in das Hinweisgebersystem.

Überzeugung, dass das Hinweisgebersystem einen positiven Beitrag zur Compliance leistet

Die Mitarbeiter müssen davon überzeugt werden, dass sie durch ihre aktive Beteiligung am Hinweisgebersystem zu einer positiven Veränderung im Unternehmen beitragen können. Das gemeinsame Ziel ist nicht nur, gemeldetes Fehlverhalten zu stoppen oder zu untersuchen, sondern vor allem, Fehlverhalten zu verhindern. Die wichtigste Voraussetzung dafür ist, dass die kommunizierten Werte und Ziele von der Organisations-/Unternehmensführung vorgelebt werden.

Transparenz im Prozess und Vertrauen in die Compliance

Ein Whistleblower-Programm funktioniert nur dann, wenn interne und externe Hinweisgeber Vertrauen zu dem Programm und den damit verbundenen Prozessen haben. Um dies zu erreichen, müssen sich die Hinweisgeber vor negativen Vergeltungsmaßnahmen sicher fühlen und wissen, dass jede Meldung umgehend und gründlich untersucht wird. Bei einer Umfrage unter Arbeitnehmern gaben 80 % an, keine Missstände zu melden, weil sie rechtliche Konsequenzen fürchten. 35 % gaben an, zu glauben, dass ohnehin nichts unternommen wird.

Unterschiedliche Meldekanäle für Hinweisgeber

Die Mitarbeiter werden unterschiedliche Präferenzen haben, wenn es darum geht, welche Meldemethoden sie nutzen, um Bedenken zu äußern. Die EU Whistleblower-Richtlinie schreibt vor, dass diese Kanäle zur Verfügung gestellt und auch genutzt werden können.

Interne Meldekanäle

Um die Beteiligung der Mitarbeiter an einem Whistleblowing-Managementsystem zu maximieren, müssen unterschiedliche interne Meldekanäle zur Verfügung stehen. Hierzu zählen zum Beispiel Telefon, Webformular und Vertrauenspersonen als persönliche Ansprechpartner.

Externe Meldekanäle

Zusätzlich zu den genannten internen Meldekanälen muss auch die Möglichkeit externer Meldungen an bestimmte Behörden gewährleistet werden.
Anders als bisher, ist es nicht mehr erlaubt, den internen Meldekanälen Vorrang zu geben. Es gilt daher umso mehr, das Vertrauen der Mitarbeiter zu gewinnen und Anreize für die Nutzung der internen Meldekanäle zu schaffen.

Der Hinweisgeber-Prozess:

Wie kann OTRS Sie unterstützen?

OTRS ist Spezialist für Business Prozesse/BPMS. Mit unserer Expertise schaffen wir in enger Zusammenarbeit mit unseren Kunden Prozesse, die perfekt auf deren Anforderungen abgestimmt sind.

Der Meldeprozess muss bekannt sein.

Damit die Mitarbeiter die Möglichkeit haben, den Meldeprozess zu nutzen, sollten die verschiedenen Meldekanäle wie E-Mail, Webformular oder Ansprechpartner im Unternehmen bekannt sein.

Stellen Sie Informationen zur Verfügung

Nutzen Sie dazu auch Leitfäden für das Verfassen von Hinweisen, z. B. in Form von Knowledge Based Articles (KBAs ) in Ihrem Wissensmanagement.

Nutzen Sie den Vorteil von Formularen

Um alle notwendigen Informationen zu erhalten, ist es wichtig, dass der jeweilige Hinweis so umfassend wie möglich und vor allem strukturiert erfasst wird, um eine schnelle Bearbeitung zu gewährleisten.

Die 5 W-Fragen

Eine Orientierung bieten die fünf W-Fragen, die beim Ausfüllen eines Online-Formulars möglichst alle beantwortet werden sollten:

  • Wer?
  • Was?
  • Wann?
  • Wie?
  • Wo?

Die Abfrage der Informationen sollte so gestaltet sein, dass die gegebenen Informationen auch für Außenstehende nachvollziehbar sind. Je nach Möglichkeit des gewählten Meldewegs ist es sinnvoll, Rückfragen zuzulassen – natürlich unter Wahrung der Anonymität oder dem Schutz der persönlichen Daten des Hinweisgebers, falls diese vorhanden sind.

Sie haben Fragen, wie OTRS bei der Umsetzung eines Whistleblowersystem gemäß der EU Whistleblower Richtlinie helfen kann? Unsere Experten stehen Ihnen gerne zur Verfügung.

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